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Lucky Number Slevin

Mit Lucky Number Slevin bescherte uns Paul McGuigan einen der intensivsten und schlausten Rache-Thriller-Actioner der letzten Jahrzehnte.

TitelLucky Number Slevin
Jahr2006
ProduktionslandUSA
RegiePaul McGuigan
DrehbuchJason Smilovic
GenreThriller
DarstellerJosh Hartnett, Bruce Willis, Morgan Freeman, Sir Ben Kingsley, Lucy Liu, Stanley Tucci, Corey Stoll
Länge106 Minuten
FSKAb 16 Jahren freigegeben
VerleihConstantin Film

Darum geht es in Lucky Number Slevin

Man steht morgens auf, macht sich fertig und ist, wer man ist.
Man geht morgens zur Arbeit, legt langsam los und ist nicht, wer man ist.
Zuhause mag man sich verfluchen, in den tiefen Gedanken über das Leben versinken und in Trauer zerfließen.
Auf der Arbeit ist man nett, kümmert sich um seine Aufgaben und erfüllt seinen Zweck.
Zuhause rede ich nett mit den Menschen, gebe viel und nehme nicht viel.
Auf der Arbeit rede ich nett mit den Menschen, gebe viel und würde gerne auch mal etwas nehmen.

Josh Hartnett as "Slevin Kelevra" in "Lucky Number Slevin"
Josh Hartnett as „Slevin Kelevra“ in „Lucky Number Slevin“ by ©Constantin Film

Weil ich auf der Arbeit eben ein vollkommen anderer Mensch bin. Geht euch das nicht auch so? Was ich auf der Arbeit bin, steht in meinem Arbeitsvertrag. Wer ich Zuhause und im Privatleben bin, steht auf keinem Blatt Papier. Oder eben auf einem anderen, wie man sprichwörtlich immer so sagt. Und ebenso ergeht es Slevin (Josh Hartnett) in Lucky Number Slevin, einem Film, der mit den großartigsten Schauspielern aufwartet, die ich kenne.

Bruce Willis, Sir Ben Kingsley, Morgan Freeman und eben Josh Hartnett. Letzterer ist mir eher unbekannt, auch wenn ich sein Gesicht schon auf ner Menge unaufgeregten oder nicht sonderlich ansprechenden DVD-Covern gesehen habe. Jedenfalls ist Slevin zunächst auch nicht ganz klar durchschaubar, ebenso wie seine Motive, seine Gründe und eigentlich alles, was er macht und woher verdammt er eigentlich her kommt. Vielleicht ein anderer Mensch, als er vorgibt, ein anderer Mensch, als es der Regisseur vorgibt.

In Lucky Number Slevin geht’s um…ja..eben Slevin. Und einen gewissen Nick Fischer. Und es geht um den Boss, der großen Einfluss hat und den Rabbi, der im Gebäude gegenüber sitzt und auch viel Einfluss hat. Dann geht’s da noch um Wettgeschäfte, Handlanger, Polizei und Rache. Slevin, dem zunächst ein Unglück auf das Nächste folgt, eben drei Mal Unglück und ein viertes, wenn es schon mal gut läuft, kommt im Hotelzimmer eines alten Freundes an und steckt plötzlich zwischen mehreren Fronten, in Geschäften und Abgründen, die noch sehr verwischt und unklar erscheinen…… Er landet dabei im Hotelzimmer eines altbekannten. Nick Fischer. (unscheinbarer Spoiler, Vorsicht!) Was er nicht ahnt, ist, dass sein Unglück des anderen Glück ist und umgekehrt.

Morgan Freeman as "The Boss" in "Lucky Number Slevin"
Morgan Freeman as „The Boss“ in „Lucky Number Slevin“ by ©Constantin Film

Eine komplexe Geschichte

Die Geschichte ist komplexer, als man es gewohnt ist und die Darsteller geben alles, was sie können und die Dialoge in Lucky Number Slevin geben dem Ganzen den Rest, setzen dem Ganzen die Krone auf.

Was wahr ist, was falsch ist, was möglich sein könnte, was möglich ist, sein soll und muss, wird dem Zuschauer erst gegen Ende verraten und bis dahin spielen alle ihre Rollen so konsequent, dass man zunächst gewillt und gezwungen ist, dem zu glauben, was man auf dem Bildschirm sieht. Eben die Kunst, der sich ein Regisseur bedienen kann.

Es ist wie Magie, denn er führt uns eigentlich an der Nase rum, redet so viel über Lügen, Zufälle, Liebe, Leben und Blickwinkeln, rückt aber mit einer anderen Wahrheit nach der anderen raus und macht aus Lucky#Slevin ein Glanzstück, poliert, aber trotzdem dreckig, düster und vielschichtig. Wie diese komischen russischen Puppen. Ahja. Ich weiß es wieder. Lucky#Slevin ist eine Babuschka, aber keine russische. Und er ist er selbst. Denn er spricht nicht nur von einem zunächst unbekannten Phänomen/Trick/Auftrag/was auch immer, das sich Kansas City Shuffle nennt, sondern ist selbst einer. Der Film ist genau das, worüber er auch selbst spricht. Oberhammer.

„Was ist ein Kansas City Shuffle?“
Goodkat: „Ein Kansas City Shuffle ist, wenn alle Welt nach rechts guckt, während du linksrum gehst.“

Viel Weisheit steckt in Lucky Number Sleven

Für einen Rache-Film, was Lucky Number Slevin im Resultat dann doch ist, gibt es unendlich viel Weisheit, Leben, Atem und klare Luft in den Dialogen. Die Rachegeschichte oder überhaupt die ganze Geschichte, war für mich gar nicht so spannend, wie die Tatsache, dass drum herum so viel mehr über das Leben geredet und philosophiert wird, als ich es an einem Tag überhaupt in die Birne kriege. Viel Stoff und ein Drehbuch aus Gold…

Bruce Willis as "Mr. Goodkat" in "Lucky Number Slevin"
Bruce Willis as „Mr. Goodkat“ in „Lucky Number Slevin“ by ©Constantin Film

Rabbi: „Die Glücklosen sind nichts weiter als ein Bezugspunkt für die Glücklichen, Mr. Fisher. Durch ihr Unglück zeigen sie mir nur mein Glück. Es ist nur bedauerlich, dass die Glücklichen erst merken, welches Glück sie hatten, wenn es sie verlässt. Sie zum Beispiel: Gestern sind Sie besser dran gewesen als heute, aber erst durch den heutigen Tag merken Sie das. Aber gestern ist vorbei und es ist zu spät. Verstehen sie? Die Leute sind nie glücklich mit dem, was sie haben. Sie wollen das, was sie mal hatten oder was jemand anders hat.“

Nein, Luck Number Slevin ist kein einfacher Rachefilm. Eher ein übergreifender Drama/Krimi/Geschichte/Thriller/Racheactioner mit unheimlich viel Köpfchen:

Goodkat: „Also, ich könnte mir vorstellen, dass Ihr Sohn Ihnen lebendig mehr wert ist als dem Boss tot. Und mir ist mehr Geld mehr wert als weniger Geld. Und Sie sind doch der Kerl mit den großen Geldbündeln unter der Matratze.“

Manche Dialoge sind dabei schlicht zum niederknien. Da könnt ich mich reinlegen und drin baden…:

Boss: „Ist Ihnen der Schmu ein Begriff, Mr. Fisher? Eine Comicfigur, die ich als Junge mochte. Der Schmu war ein äußerst liebenswertes Wesen. Er legte Eier, gab Milch und wurde geradezu ekstatisch, wenn man ihn hungrig ansah. Der Schmu liebte es, gegessen zu werden, er konnte schmecken, wie jedes Essen, auf das man Lust hatte. Schmuhaut dünn geschnitten ergab feinstes Leder. Sogar die Schmubarthaare waren noch ausgezeichnete Zahnstocher. Kurz gesagt: Der Schmu hat sämtliche Bedürnisse der Welt erfüllt.“

Es gibt viel zu Deuten, Freiraum für eigene Gedanken oder dem einfachen Genuss von Zeilen, wie diesen:

Boss: „Ich habe Sie angeheuert, damit Sie einen Job durchziehen. Aber er sollte nicht so aussehen, als wäre er ein Job. Sie nieten also die Israelis um, sprengen das halbe Gebäude und jetzt sieht besagter Job, der nicht so aussehen sollte, als wäre er ein Job, plötzlich ziemlich so aus, als wär er … ein Job… Okay… Drauf geschissen“

Und so weiter und sofort.

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Es gab mal eine Zeit.

Was?, mögt ihr jetzt denken.

Und während ihr darüber nachdenkt und nach rechts schaut, gehe ich linksrum und verpass euch eine Kugel. Tut mir Leid…aber ohne eine Leiche läuft eben kein Kansas City Shuffle.

Unsere Wertung:

 

 

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© Constantin Film

6 Kommentare

  • Lieber Rocket Man. Schön zu lesen, dass es Liebhaber dieser tollen Rache-Filmperle gibt. Denn dieser Streifen ist einer der Filme, die leider viel zu sehr im verborgenden, bzw. viel zu unbeachtet sind. Tolle Rezension. Danke

    • Hallo Florian,

      ganz lieben Dank für dein ehrliches Feedback zu meinen Text und der gleichen Begeisterung für einen grandiosen Film, der leider nicht mal im Kino lief. Aber in solchen Fällen ist man meistens auch umso froher, wenn man solche Filme dann doch entdeckt und sie zu schätzen weiß, vielleicht sogar lieben lernt. An dem find ich persönlich einfach jede Sekunde köstlich, tiefgehend und den Film als Ganzen wenig vorhersehbar und so überraschend in vielen Belangen. Kein einfacher Rache-Thriller/Actioner…etwas mehr.

      Vielen Dank für deine Worte Florian!

  • Ein absolut unterschätztes Meisterwerk, was hierzulande nicht mal im Kino spielte. Toller Cast, grandiose Umsetzung und nebenbei bemerkt ein spitzen Review ????

    • Hallo Jeff,

      Gerade hier kann man endlos Fragen stellen und darüber nachdenken, wie ein Studio einen so besetzten Film nicht ins Kino bringt. Andererseits hab ich an mir schon des öfteren festgestellt, dass das Gefühl, das man hat, wenn man eine solche Perle entdeckt und für sich gewonnen hat, ganz großartig ist. Ändert natürlich nichts daran, das der im Kino noch stärker gewirkt hätte und auch größere Aufmerksamkeit bekommen hätte.

      Aber wir haben ihn gesehen, viele andere auch und wir finden ihn toll. Das alleine zählt doch und das Teilen der Meinungen und Empfindungen macht dann am meisten Spaß, nicht?

      Ganz lieben Dank für deine Worte Jeff!

  • Steht auf der großen Liste meiner Lieblingsfilme. Ich kann mich noch gut erinnern, wie ich ihn damals abends völlig übermüdet abgebrochen habe. Am nächsten Tag habe ich echt überlegt ihn noch weiterzugucken. Doch die Auflösung hat mich dann echt vom Hocker gehauen, sodass ich den Film nochmal munter komplett am Stück sehen musste. Und siehe da, ich war begeistert! Schade, dass ein Josh Hartnett in dieser Form etwas in der Versenkung geschwunden ist.

    • Hiho lieber Benni,

      hier machte auch die Erstsichtung bei mir nicht das Rennen. Irgendwann lief der mal in der Glotze und der Stil hat mir nach wenigen Minuten nicht gepasst und ich hab weggeschaltet. Dann laß ich vor einiger Zeit hier und da so viel Gutes darüber und hinterfragte mein etwas kürzeres Filmerlebnis. Nach der Zweitsichtung hinterfragte ich mich dann noch mehr. Was für ein grandioser Thriller, der zudem noch Drama und Rachemotive aufweist. Manchmal ist es aber bei der ganzen Vielfalt auch schwer die Perlen rauszufiltern. Aber, wenn man dann eine gefunden hat, machts noch ne ganze Ecke mehr Spaß! Und wenns dann noch ein paar Worte herzaubert, dann hat es der Film geschafft. Der ist aber auch so meine ich sehr gut weggekommen. Eine Perle eben. Egal, ob im Kino oder nicht!